Interview mit Daniel Schaffeld
Die fotocommunity kennt jeder. Weit über eine Million leidenschaftlicher Fotografen sind als Mitglieder bei der Plattform registriert. Viele haben einen kostenlosen Account, andere zahlen Geld für eine Premium Mitgliedschaft. Das in Köln ansässige Unternehmen betreibt die größte Gemeinschaft für Fotografen auch in Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Hier finden Sie ein Interview mit dem Geschäftsführer Daniel Schaffeld von der FC:
DW: Herr Schaffeld, was ist die fotocommunity heute für ein Unternehmen? Wie groß ist sie, was steht dahinter?
D.Schaffeld: Die fotocommunity ist schon immer ein Netzwerk für Fotografen gewesen. Wir sind das größte Netzwerk für Fotografen in Europa. Unsere 14 Jahre alte Philosophie ist folgende: Wir geben den Fotografen die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten zusammen zu finden und die Kommunikation unter Fotoliebhabern zu ermöglichen. Die fotocommunity hat heute 1,5 Millionen registrierte Mitglieder und im Durchschnitt 100 Millionen Seitenaufrufe im Monat.
DW: Eine Seite für Fotoliebhaber? Stimmt, aber es gibt mehr und mehr Profifotografen unter den Mitgliedern. Sie wollen wahrscheinlich auch von vielen Klicks profitieren.
D.Schaffeld: Laut unseren Umfragen schätzen sich über 35% der Mitglieder als Anfänger ein. Viele Fotografen definieren sich gar nicht über Techniken, sondern über die Vorliebe zu einem bestimmten Motiv: Street-Fotografie, Portraits, Landschaft, aber auch Lokomotiven oder Flugzeuge etc. Ihr Ziel ist es, andere Personen zu finden, die das gleiche Interesse an ausgewählten Motiven haben.
Profis verdienen Geld mit der Fotografie – und das betrifft 3% unserer Nutzer. Die meisten unserer Mitglieder fotografieren aus Spaß und haben Geld investiert, um die Fotoausrüstung zu beschaffen, wollen aber nicht primär Geld mit ihrem Hobby verdienen.
Vergleichen Sie doch unsere Bilder mit denen von Stockportalen. Dann sehen Sie sofort den Unterschied. In Stockportalen finden Sie viele klassische, gut verkäufliche Motive. In der fotocommunity hingegen finden Sie Vielfalt und Foto-Kunst. Die Bilder unserer Nutzer entstehen aus persönlichem Interesse am Motiv. Die Leidenschaft des Fotografen steht im Vordergrund, nicht der Gedanke an Verkauf und Erlös.
Aber auch Leidenschaft definiert sich sehr unterschiedlich. Wir haben bei uns die Fotografen, die die Leidenschaft zur Fotografie vor allen Dingen über die Technologie definieren. Für sie bedeutet Fotografie, die Technik voll auszureizen, um Bilder zu produzieren, die dem Betrachter die Beherrschung der Technik klar zeigen. Für andere steht das Motiv im Fokus, nicht die Technik.
DW: Wie setzt sich Ihr Publikum denn thematisch zusammen? Gibt es Statistiken?
D.Schaffeld: Natürlich. Der größte fotografische Schwerpunkt der fotocomunity liegt auf der Fotografie von Menschen. Stilvolle Aktfotografie folgt kurz darauf. Anschließend folgen Natur, Motive und Reise als wichtige Schwerpunkte.
DW: Wie viele Mitarbeiter arbeiten für die größte Fotocommunity Europas?
D.Schaffeld: Wir haben insgesamt 28 Mitarbeiter, davon 22 Vollzeitmitarbeiter. Hinzu kommen noch knapp 50 Community-Manager für alle fünf Länder, die uns ganz toll unterstützen und ohne deren Hilfe wir die Qualität unseres Angebots nicht so hoch halten könnten.
DW: Spüren Sie Unterschiede im Geschmack und Stil, wenn man die fotocommunity in Spanien, Frankreich Deutschland etc. vergleicht?
D.Schaffeld: Unterschiede gibt es in der Tat. Die Interpretation von Kunst und Ausdruck unterscheidet sich in jedem Kulturkreis. Da wir jedoch offen für alle Formen der Fotografie sind und diese Information für uns daher zweitrangig ist, führen wir dazu keine Statistiken. Was aber offensichtlich ist – bei jeder fotocommunity bildet die Gruppe von People- und Naturefotografen die Mehrheit.
DW: Menschenfotografie ist unter anderem mit vielen rechtlichen Fragen verbunden. Kommt es manchmal zu Rechtsstreitigkeiten?
D.Schaffeld: Es gibt immer wieder Situationen, bei denen eine auf dem Foto zu sehende Person mit der Veröffentlichung nicht einverstanden ist. Meistens werden diese Missverständnisse schnell zwischen dem Fotografen und dieser Person geklärt.
DW: Und wenn nicht?
D.Schaffeld: Wir sind immer bemüht, jede Situation im Sinne unserer Community zu lösen. Daher prüfen wir bei jedem Fall individuell, wie wir das Problem lösen können. Falls nötig, holen wir uns Rat bei unseren Anwälten.
DW: Wie gehen Sie mit verbotenen Inhalten wie z. B. Rechtextremismus, Pornografie etc. um? Merken Sie das erst, wenn es zu Problemen kommt, oder beobachten Sie die Uploads proaktiv ?
D.Schaffeld: Solche Inhalte sind laut unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen strikt verboten und bei solchen Themen verstehen wir keinen Spaß. Wir prüfen duaernd die bei uns hochgeladenen Bilder. Aber es ist natürlich sehr schwer, bei solch einem Volumen jeden Verstoß gegen unsere AGB sofort zu entdecken. Aber hier können wir uns zum Glück auch auf unsere Mitglieder verlassen, die kritische Inhalte in der Regel innerhalb kürzester Zeit melden. Danach können wir sofort reagieren.
DW: Wieviel Zeit verbringen Sie persönlich mit fotocommunity. Dabei meine ich die Betrachtung von Bildern?
D.Schaffeld: Ich schau mir viele Bilder an und kommentiere auch viel. Ich habe eine sehr große Liste von Fotografen, welche ich abonniert habe und das macht mir persönlich sehr viel Freude. Es sind oft Bilder dabei, bei denen man eine Zeit lang verweilen kann – dann nehme ich mir ein paar Minuten, um das Bild auf mich wirken zu lassen.
DW: Sie führen ein sehr aktives Leben, haben schon in unterschiedlichen Unternehmen und Branchen Erfahrungen gesammelt und haben auch selbst bereits zwei Unternehmen gegründet. Also haben Sie bereits eigene „Babys“ gehabt. Und jetzt beschäftigen Sie sich mit einem fremden. Warum ?
D.Schaffeld: Es ist richtig: Ich habe fotocommunity nicht gegründet. Trotzdem hindert es mich nicht daran, das Unternehmen so zu betrachten, als sei es mein eigenes. Was ich mache, mache ich gern und stehe voll hinter. Diese Arbeit reizt mich als Unternehmer – dafür muss ich nicht unbedingt Gründer sein.
DW: Wie hat sich bei der fotocommunity in Ihrer Amtszeit geändert ?
D.Schaffeld: Wir haben die Plattform optimiert und viele neue Funktionen für Nutzer geschaffen. Zum Beispiel gibt es mit dem Portfolio nun die Möglichkeit, eine eigene Internetseite innerhalb der fotocommunity zu kreieren. Außerdem haben wir eine Fotoschule online gestartet. Hier stellen wir regelmäßig neue Inhalte für alle Nutzer online, die noch mehr über die vielen Facetten der Fotografie erfahren wollen.
Vor drei Wochen haben wir zudem unsere eigene Android-App veröffentlicht. Und die iOS-App folgt in Kurze. Es gibt auch eine Menge Arbeit, die der Nutzer im Moment nicht sehen kann – die Modernisierung und Anpassung des ganzen Systems.
DW: FC bedeutet nicht nur Bilder, sondern auch Meinungen. Sie werden als Kommentare veröffentlicht oder beeinflussen als Voting-Stimmen die Wahl von Bildern für die Galerie. Manchmal kommt es auch zu „Rudelinstinkten“: weniger gute Bilder erhalten gute bis sehr gute Bewertungen, während andere, die sich durch eine höhere Qualität auszeichnen, kritisch bewertet werden. Was meinen Sie dazu?
D.Schaffeld: Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten – auch in der fotocommunity.
In der Galerie „Populäre Fotos“ wird basisdemokratisch entschieden, welche Fotos dort aufgenommen werden. Künstlerisch ausgefaleneren Bildern fällt es manchmal schwer, dort ausreichend Zustimmung zu erhalten. Deswegen haben wir „Editors‘ Choice“ ins Leben gerufen. Hier fokussieren sich unsere Experten auf die Auswahl künstlerisch beachtenswerter Bilder.
DW: Seit 2006 sind Sie selbst Mitglied von fotocommunity und stellen Ihre Fotos aus. Nirgendwo findet man aber die Bilder von Ihren Kindern. Gibt es dafür einen Grund oder beschäftigen Sie sich einfach wenig mit Menschenfotografie?
D.Schaffeld: Meiner Meinung nach gehören die Bilder von Kindern nicht ins Internet. Das kann natürlich jeder für sich individuell entscheiden. Für einen Kinderfotografen ist das sicherlich anders.
DW: Bleibt Ihnen noch Zeit für die Familie?
D.Schaffeld: Das Schöne an einem Interntet-Unternehmen ist: mit Internet, Laptop und Telefon kann man überall arbeiten. So kann man zum Beispiel die Kinder ins Bett bringen und danach noch weiter arbeiten. Ich habe kein Verständnis für Arbeitsmodelle, bei denen für die Familie und für ein persönliches Leben nichts übrig bleibt.Ich bin nicht davon überzeugt, dass auf einem solchen Weg die Produktivität des Unternehmens gesteigert werden kann. Im Gegenteil: ich bin davon überzeugt, zufriedene Mitarbeiter die beste Garantie für hervoragende Arbeitsleistungen sind. Daher ist mir die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie ein wichtiges Anliegen.
DW: Was würden Sie jungen Unternehmern auf den Weg geben?
D.Schaffeld: Habt keine Angst vor dem Scheitern! In Deutschland ist Scheitern leider oftmals mit einer Stigmatisierung und Ausgrenzung gleichzusetzen. Aber das ist absolut falsch und wird vor allem von den Personen praktiziert, die selber niemals den Mut aufbringen würden, ein Unternehmen zu gründen. Lasst euch davon nicht beeinflussen. Seid mutig, geht euren Weg und am Ende werdet ihr glücklich werden.