Der Bewerbungsprozess
Also ging für mich der ganze Bewerbungsprozess los. Es war wirklich viel zu tun. Jeder Bewerber hat einen eigenen Cultural Care Account bekommen, in dessen Rahmen der Prozess stattfand. Dort hat die Organisation den Bewerbern sehr viele Fragen gestellt, die man ausführlich hat beantworten müssen. Zu jeder Frage sollte im Endeffekt ein mehr oder weniger langer Text vom Bewerber verfasst worden sein.
Ein unglaublich umständliches Verfahren für die Bewerber, mit einem jedoch riesigen Nutzen für die Gastfamilien in Amerika. Durch das „scannen“ der von den zukünftigen Nannys verfassten Schreiben, erfahren die Familien alles über den Menschen und können so entscheiden, ob es ein potenzielles, zukünftiges Au Pair in der jeweiligen Familie sein könnte und ob Interesse an einem Kennenlerngespräch besteht, oder ob eine Berücksichtigung dieser Person in der näheren Auswahl außer Frage steht. Die Bewerbung verlangt von den Schreibern eine sehr ausführliche Darstellung aller persönlichen Charaktereigenschaften, Qualifikationen, Stärken und Schwächen. Man gibt als Bewerber sehr viel von sich selber Preis.
Je nach Fleiß, Textmenge und Informationen die man bereitstellt, dauert der Schreibprozess der Bewerbung ein bis drei Wochen. Mit dem Erstellen des eigenen Profils ist es aber noch nicht getan, denn dazu kommen noch die Referenzen der Bewerber, die von außenstehenden Personen eingeholt werden müssen. Diese Referenzen werden nochmal in zwei unterteilt:
Referenzen
Es gibt einmal die „Personal References“, die von Personen ausgestellt werden, die einen gut kennen und beurteilen können. Meistens sind dies Freunde, Bekannte, Trainer, Lehrer, Familienmitglieder oder sogar Arbeitgeber, die ausführliche Angaben zu der betroffenen Personen machen und deren Charakter gut einschätzen können.
Diese Art Referenz sollte nach Möglichkeit von den verschiedensten, wie zum Beispiel den oben angegebenen, Personengruppen ausgefüllt werden. So geht man sicher, dass man alle Eigenschaften seiner Person beschrieben bekomment: Die Eltern und Freunde schreiben über das Fürsorgliche, Aufmerksame und Liebe in einem, während sich Personen wie Trainer, Lehrer oder Arbeitgeber mehr auf die Disziplin, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit und Durchhaltevermögen konzentrieren.
Mit so einer detaillierten Beschreibung sind die Gastfamilien bestens mit Informationen über das Au Pair versorgt und können sehen, ob dieser Mensch in die jeweilige Familie passen würde.
Die jeweils andere Art der Referenz ist die „Child care Reference“, die im Gegenteil zu der
„Personal Reference“ eine Voraussetzung für die Aufnahme in das Programm ist und von den Familien oder Kindertagesstätten ausgestellt wird, in denen man mit den Kindern gearbeitet hat.
Diese Referenz dient selbstverständlich zur Vergewisserung der Familien, dass der oder die Bewerber/in auch tatsächlich Erfahrungen mit Kindern gesammelt hat und in der Lage ist, mit Notsituationen umgehen zu können und in solchen richtig zu handeln. Da Cultural Care Fälschungen der Referenzen vermeiden will, sollen möglichst außerfamiliäre Kinder von den zukünftigen Au Pairs betreut werden. Man darf also Verwandte (z.B. Geschwister oder Cousins) nur in Addition zu außerfamiliären Referenzen nutzen und nicht als einzige Referenz, egal wie viele Stunden das einem bringen würde.
Selbstverständlich will auch die Organisation sicherstellen, dass die am Programm interessierten Jugendlichen Erfahrung mit der Beaufsichtigung von Kindern haben.
Dabei ist es so, dass die weiblichen Bewerber 200 Stunden mit Kindern allein verbracht haben müssen und die männlichen 500. Bei der Referenzausstellung selber müssen die genauen Tätigkeiten der „Nanny“ mit den Kindern und das Alter dieser beschrieben werden. Auch da sehen die Gastfamilien, welches Au Pair am besten für sie passen würde, je nach Alter der eigenen Kinder und den Tätigkeiten, die das Au Pair dann in der jeweiligen Familie haben würde.
Sowohl die „Personal Reference“, als auch die „Child care Reference“ muss in schriftlicher Form oder über den Computer ausgestellt werden und man benötigt mindestens drei Referenzen, wovon mindestens eine die „Child care Reference“ sein muss.
Die Erziehungsberechtigten oder Erzieher der Kinder füllen dabei ein Dokument aus, welches die Au Pairs an Cultural Care weiterleiten. Die Organisation meldet sich dann bei den Referenzausstellern und vergewissert sich, dass alles der Richtigkeit entspricht und die angegebenen Referenzgeber auch tatsächlich die Aussteller sind.
Wenn dieses Telefonat dann glatt verlaufen ist und Cultural Care sich von der Richtigkeit der Angaben überzeugen konnte, darf diese Referenz in den Bewerbungs- Account des Au Pairs aufgenommen werden.
Selbstverständlich gilt: Je mehr Referenzgeber und Betreuungsstunden, desto bessere Chancen hat man auf ein Match, aber dazu später mehr…
Man sollte wirklich versuchen, viele Stunden zu sammeln und auch bei dem Alter der Kinder zu variieren.
Wenn man vorhat, in seinem Auslandsjahr auf Kleinkinder unter zwei Jahren aufzupassen, dann sollte man sich dafür qualifizieren, in dem man ebenfalls Stunden mit unter Zweijährigen sammelt. Auch dies erhöht die Matchchancen im Bewerbungsprozess enorm.
Das Bewerbungsvideo
Eine weitere Chance bei den Gastfamilien aufzufallen, ist ein Bewerbungsvideo zu machen. Dies ist ein kurzer, zwei- bis dreiminütiger Film, indem man sich, seine Hobbys, tägliche Tätigkeiten und optionaler Weise auch die Kinder, auf die man aufgepasst hat, vorstellt. Diese Möglichkeit ist optional und zu 100% den Au Pairs überlassen.
Es könnte ein perfekter Ausglich sein, falls man vielleicht nicht gerade viele „Child care References“ oder Erfahrungen mit Kleinkindern unter 2 hat.
Ein gar nicht so zeitintensives Verfahren, mit jedoch großer Wirkung. Man verschafft sofort den Eindruck eines engagierten Bewerbers der weder scheu, noch ängstlich ist und sich allerlei Verantwortung stellt.
Meine Bewerbung
Ich erzähle mal, wie der ganze Bewerbungsprozess bei mir ausgesehen hat:
Dank der Tatsache, dass mein Bruder zu der Zeit, zu der ich mich angefangen habe zu bewerben drei Jahre alt und somit im Kindergarten war, hatte ich allein schon durch das Aufpassen auf ihn und seine Freunde viele Referenzgeber, die sich als Eltern von Marks Kameraden erwiesen. Mindestens 4 Mütter dieser Kinder hatten mir eine „Child care Reference“ ausgestellt, was mir in der Summe sehr viele Stunden gegeben hat. Wie schon bei der Beschreibung der „Child care Reference“ erklärt, durfte ich die Stunden mit meinem Bruder zwar nur als Zusatz zu den außerfamiliären Referenzen verrechnen, jedoch trotzdem auch die Zeit angeben, in der er jünger als 2 Jahre war. Somit konnte ich mich automatisch für Familien mit Kindern unter 2 qualifizieren, was meine Möglichkeiten und Chancen bei der Suche enorm erhöhte. Außerdem durfte ich auch ausnahmslos alle meine mit Mark zu zweit verbrachten Stunden angeben. Wenn man dann überlegt, dass es zu dem Zeitpunkt drei Jahre waren, kann man sich ungefähr vorstellen, wie viele Stunden da zusammenkamen.
Also brauchte ich mir um die „Child care References“ keine Sorgen mehr machen.
Ich reichte die ausgefüllten Referenzbögen bei Cultural Care ein, wessen Mitarbeiter sich dann telefonisch um die Überprüfung der Richtigkeit meiner Angaben kümmerten.
Um die „Personal References“ kümmerte ich mich parallel zu den jeweils anderen. Es war wirklich kein großer Aufwand, diese einzuholen. Da ich bei den Referenzen jedoch sowohl auf Qualität als auch auf Quantität gesetzt habe, habe ich mir die meisten meiner „Personal References“ von meinen damaligen Lehrern ausstellen lassen. Das waren ungefähr 6 Referenzen. Den Rest habe ich von Familie und Freunden bekommen, sodass ich am Ende bei 13 „Personal References“ lag. Es ist sehr empfehlenswert sich die Beurteilungen von seinen Lehrern zu holen, da sie als sehr Kritik-gebend gelten und auf ungefähr die gleichen Qualitäten setzen, wie die Gastfamilie: Disziplin, Aufmerksamkeit, Freundlichkeit und Verlass.
Was jedoch die inneren Werte angeht, kann der private Umkreis ein besseres Feedback abgeben, sodass es auch da empfohlen wird, nach Referenzgebern zu suchen.
Zusätzlich zu der vorgeschriebenen Online-Bewerbung und den Referenzen habe ich ein Video über mich erstellt. Eine gute Freundin hat mir damals geholfen, kleine Filme zu drehen und zu einem großen zusammen zu schneiden. Ein wie schon erzählt freiwilliges Feature. Ich persönlich habe mich für ein Video entschieden, da ich damit auf die „sichere Seite“ bringen wollte, was die Familiensuche angeht. Es sind insgesamt 2,5 Minuten geworden, was von der Zeit her den Richtlinien entspricht und tatsächlich eine gute Zeit ist, um das wesentliche von sich zu erzählen, ohne die Gastfamilien zu langweilen.